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Beitrag vom 29.10.2012
The Hundred In The Hands - Red Night
Katarina Wagner
Eine Band wie aus dem Lehrbuch für massentaugliches Hipstertum. Es passt einfach alles: die Musik, der Look, die Adresse. Ihre Songs zwischen Synthie-Pop, Electronica und Postrock eignen sich...
... trotzdem super zum Tanzen oder als Hintergrundmusik im trendigen Szenecafé.
Jason und Eleanore wollen Musik machen
Jason ist unglücklich. Die anderen Mitglieder seiner Band The Boggs wollen auf die anstehende Tournee nicht mitkommen. Da sucht sich Jason neue SpielgefährtInnen. Eine davon ist Eleanore. Eleanore hat Operngesang studiert. Sie ist ganz anders als der Kunststudent Jason. Der spielt nämlich schon seit seinem dreizehnten Lebensjahr Punkrock. Jason und Eleanore unterhalten sich viel. Und siehe da, sie haben doch sehr viel gemeinsam. Beide mögen George Harrison, 80er-Synthie-Pop und Kunst. Schon am zweiten Tag der Tournee werden sie ein Paar.
Zurück zu Hause in Brooklyn, New York nehmen sie zusammen den Song Dressed in Dresden auf. Die beiden freuen sich sehr, dass sie zusammen so toll Musik machen können. Und sie freuen sich noch mehr, dass ihr Lied auch anderen Menschen gefällt. Zum Beispiel dem Label Warp Records. Dort veröffentlicht das Paar jetzt schon das zweite Album und Jason ist wieder glücklich. Und Eleanore auch.
Mrs. und Mr. Mustermann
Der Werdegang und das gesamte Image von The Hundred In The Hands ist so musterhaft glatt, so stereotypisch hipsterhaft, dass es fast schwer fällt, sie ernst zu nehmen. Hier ein paar Eckpunkte: Sie wohnen nicht nur im angesagten Brooklyn, sondern in dem hypergentrifizierten Viertel Williamsburg. Sie betreiben ihre Bandpage als tumblr-ähnliches Magazin, auf dem sie Interviews mit anderen hippen KünstlerInnen und MusikerInnen veröffentlichen. Ihr Bandname bezieht sich in einer vermeintlich aufgeklärt-kritischen Art auf eine Schlacht in Wyoming 1866 während des Sezessionskrieges. Dort hatten die Lakota hundert US-amerikanische Soldaten getötet. Was genau das Duo damit aussagen möchte, bleibt allerdings offen. In ihrer Musik ist zumindest kein dekoloniales Engagement oder eine tiefere Auseinandersetzung mit dem Genozid an den `amerikanischen` UreinwohnerInnen zu entdecken. Da geht es eher klassisch um die Liebe und das Selbst. Gern verbunden mit der Großstadt und ihrem Dreck. Jason Friedman bezeichnet die Grundstimmung von Red Night so: "It´s very nocturnal, kind of like walking around through the city through tunnels and trying to get out to the light, back to the one you love."
Er und seine Partnerin beschreiben ihre Musik oft als "reibend", "düster" und "voller Herzschmerz". Ihr Sound ist jedoch meist so glatt, dass er an echten Emotionen vorbei zielt. Dann scheint es so, als gäbe es kein Problem, das sich nicht irgendwie wegtanzen ließe.
Red Night
Mit einem fast gruseligem Streicherintro beginnt die erste Minute des Openers Empty Stations. Dann setzt auch schon ein schneller Beat ein und Eleanore Everdell singt mit ihrer zarten und gleichzeitig kraftvollen Stimme über das Ende einer Liebesbeziehung. Der Song hat großes Potential zum Dancefloor-Hit. Wenn beim Refrain die fast orchestralen Streicher-Klänge mit einem Paukenschlag zurück geholt werden, ist es fast schon unvermeidbar, die Arme in die Luft zu reißen und das "I won´t miss you" mitzusingen.
Auf der ersten Hälfte des Albums wechseln sich solch tanzbare Stücke mit langsameren Songs ab, bevor das Duo in der zweiten Hälfte zu ihrem Sound findet. Dann muss auch eingesehen werden, dass THITH doch mehr kann als radiotauglichen Elektropop.
Als Highlights stechen Keep it low und Faded hervor. Mit viel Hall und Eleanores teils gedoppelter und verzerrter Stimme füllen sie den Raum mit fast mystisch atmosphärischen Klängen.
AVIVA-Tipp: The Hundred In The Hands geht in der Musik keine Wagnisse ein, sondern hält sich an funktionierende Harmonien und eher klare Töne. Das New Yorker Duo bietet damit eingängigen Elektropop und glatte Postrock-Lovesongs, die einer/m das Gefühl verleihen, dass irgendwie schon alles gut wird.
The Hundred In The Hands
Red Night
Label: Warp Records
VÖ: 8.6.2012
Weitere Infos unter:
www.thehundredinthehands.com
www.warp.net/records
Weiterhören auf AVIVA:
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